Unentschieden: Sport und Politik

Trans-Personen im Sport: Ein paar Argumente

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Johannes Leutenegger aus Wil
Johannes Leutenegger

In den USA, glücklicherweise etwas weniger in Europa wird momentan eine heftige Debatte darüber geführt, ob Transpersonen im Leistungssport in ihrem Geschlecht antreten dürfen. Es scheint in den USA so, als ob Transphobie unter den republikanischen Präsidentschaftskandidaten eines der wichtigsten Themen zu werden scheint. Dass das eines der grössten Probleme der Vereinigten Staaten sein soll, ist natürlich lachhaft. Nichtsdestrotrotz kommen viele politische Diskussionen aus den USA quasi zu uns nach Europa. Der Backlash ist bei uns auch schon zu spüren. Ich versuche deswegen in diesem kurzen Essay ein paar dieser Argumente zu untersuchen.

Eine Untersuchung in den USA prüfte den Einfluss einer feminisierenden Hormontherapie auf die körperliche Leistungsfähigkeit von Transfrauen. Nach gut zwei Jahren waren zwischen Cis- und Transfrauen bei Liegesstützen und Rumpfbeugen keine Unterschiede mehr zu bemerken, nur beim anderthalb Meilenlauf gab es noch einen Unterschied von ca. 12 Prozent.

Eine andere Studie die Trans- und Cisfrauen verglich, die nicht Leistungssportlerinnen waren, kam zu einem uneindeutigen Ergebnis. Transfrauen waren zwar leicht stärker, allerdings nur, wenn auf das Herausrechnen der fettfreien Körpermasse verzichtet wird.

Extrem deutlich sind diese Effekte also keineswegs. Und ja: Manche Menschen haben einfach körperlich andere Vorraussetzungen als andere. Das kann man ungerecht finden, wie dies beispielsweise Peter Singer tut und dagegen mit Doping nachhelfen, oder diese "natürlichen" Unterschiede als Teil des Sports ansehen.

Ausserdem gilt es zu bedenken, dass es beim Sport nicht nur auf die Kraft ankommt. Es gibt andere körperliche Fähigkeiten, die nicht nur von der Kraft abhängen, die je nach Sportart wichtig sind. Neben körperlichen Fähigkeiten kommt es in vielen Sportarten auch auf Taktik, Technik und mentale Fähigkeiten an. Interessant wird es dann, wenn man sich überlegt, dass vielleicht auch gerade Cisfrauen in gewissen Disziplinen einen Vorteil haben. So sind Cisfrauen aufgrund ihres Fettstoffwechsels Männer im Ultra-Ausdauerssport mindestens ebenbürtig, häufig werden Männer sogar von Frauen geschlagen.

Ich habe mich in der Vorbereitung zu diesem Text mit einem Transmann unterhalten, dessen Karriereplanung durch seine Transition ziemlich durcheinander gekommen ist. Mit der Transition verlor er seinen Verbandsausweis und musste sich ein neues Team suchen. Und dies alles in seinen Jugendjahren die für eine allfällige Leistungssportkarriere entscheidend sind. Er musste seinen Wunsch nach einer Sportlerkarriere aufgeben.

Dass es Transpersonen gibt, die es schaffen trotz dieser Widerstände auf höchsten Niveau Sport zu treiben, sollten unseren Respekt verdienen.

Was bei der ganzen Debatte rund um Transmenschen im Sport oft vergessen wird sind die Transmänner. Die scheinen in der Debatte keine Rolle zu spielen. Diese sollten ja, gemäss konservativer Lesart, stark im Nachteil sein. Das sind sie aber nicht. Einige Transmänner gewinnen in ihren Disziplinen. Ebenfalls unter den Tisch fallen bei der Diskussion nonbinäre Personen, die in vielen Sportarten gar keine Kategorie haben, um zu starten.

Ich würde zum Schluss zur Gelassenheit raten. Gerade im Breitensport habe ich einmal eine Transfrau als Fussballgoalie erlebt. Gerade an diesem Beispiel wird uns doch gezeigt, wie absurd eine generelle Ablehnung gegen Transathlet:innen ist. Die Teilnahme an Leistungssport ist ein Menschenrecht. Nichtsdestotrotz mag es vereinzelt Sportarten geben, bei denen man vielleicht über Hormongrenzen oder ähnliche Massnahmen, auch für Cismenschen, diskutieren könnte.


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